Mein Vater und der BVB

Traumpaar meines Vaters.
Der Sigi und die Emma

Für mich hat die erste Bundesliga-Saison am 5. Spieltag begonnen. Ich kaufte mir von meinem Taschengeld ein schwarzes DIN-A4-Heft und führte Tagebuch über die Spieltage. Ich klebte Bilder, Schlagzeilen und Tabellen in dieses Tagebuch. Doch erst einmal war ich empört. Denn am 21. September 1963 galt Helmut Rahn, der Deutschland 1954 zum WM-Titel geschossen hatte, als verschollen. Laut "Bild" hatte er Frau und Kinder verlassen.

Der BVB belegte einen Platz im Mittelfeld. Damals gab es für einen Sieg noch zwei Punkte, für ein Unentschieden einen Punkt. Der BVB gewann in Karlsruhe mit 1 : 3. In der Torjägerliste tauchte jedoch noch kein Dortmunder auf. Das änderte sich am 6. Spieltag. Konietzka traf zum vierten Mal. Das 1 : 0 gegen Eintracht Frankfurt hatte Lothar Emmerich geschossen.

Dieser Spieler gehörte zu den Lieblingen meines Vaters. Wenn "Emma" das Tor traf, musste der Torwart aufpassen, dass er nicht mit dem Ball ins Tor flog. Das gefiel meinem Vater. Die Mannschaften spielten damals noch mit einem Torwart (das ist so geblieben), zwei Verteidigern, im Mittelfeld mit einem rechten, mittleren und linken Läufer und mit fünf Stürmern. Emmerich war Linksaußen.

Wenn die "Sportschau" 1963 und 1964 die Spiele des BVB zeigte, blieb mein Vater noch relativ gelassen. Als aber Sigi Held ab 1965 die rechte Seitenlinie rauf und runter hechelte, durfte ich mich vor dem Fernseher nicht einmal mehr bewegen. Meinen Vater störte alles. Er sah nur Emma und Sigi. Stan Libuda zählte für Fußballfans zwar auch zum sagenhaften BVB-Sturm. Für meinen Vater aber nicht.

Mein erstes Tagebuch endete mit dem achten Spieltag. Helmut Rahn war inzwischen wieder aufgetaucht. Ich klebte ein Foto von ihm auf die viertletzte Seite. Die Bild-Unterschrift lautete: "Eine Stunde lang beherrschte Nationalspieler Kurbjuhn den ´Boss´. Dann zeigte Helmut Rahn, dass er noch immer zu den besten Rechtsaußen der Bundesliga gehört. Wahrscheinlich ist er sogar der beste."

Meinem Vater verriet ich das nicht. Ich behielt dieses "Bild"-Urteil für mich. Trotzdem sprang der Meidericher SV in der Tabelle auf Platz 3. Dortmund lag punktgleich auf Platz 4. 1963 entschied noch die Zahl der verlorenen Spiele bei gleicher Tordifferenz. Der Meidericher SV hatte bis dahin zwei Spiele verloren, der BVB drei.

Mein Vater und der BVB (II)

Kommentare